Mary ist erschüttert. Ihr Mann Matthew ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Auf der Rückfahrt vom Krankenhaus. Er hatte sie und das neugeborene Baby besucht. Mary kann es nicht glauben. „Er ist nicht tot“, sagt sie, „das kann doch gar nicht sein. Gleich wird er mit einem Blumenstrauß durch die Tür kommen.“ Aber er kommt nicht. Wie betäubt erlebt sie die kommenden Wochen, wie im Nebel. Ganz langsam lichtet sich der Nebel. Das Leben geht weiter. So sagt man doch. Und dann kommt die Oma zu Besuch. Eine alte Dame, die Haare auf den Zähnen hat, eine raue Schale, aber ein gutes Herz und einen weisen Verstand.
„Granny, Oma“, sagt Mary, „ich bin Schuld an Matthews Tod. Ich bin es, denn ich habe ihn losgeschickt, damit er mir meinen Lieblingsschal bringt. Hätte ich diesen Wunsch nicht geäußert würde er noch leben.“
Und die Großmutter antwortet: „Es gibt keinen Schuldigen, mein Herz. Aber wir Menschen sind so. Wir suchen immer einen Schuldigen. Und wenn wir keinen finden, dem wir die Schuld geben können, dann suchen wir sie bei uns selbst. Aber das führt nicht weiter. Nimm deine Gefühle wahr, deine Traurigkeit, deine Sehnsucht, deine Wut. Wenn Du Deinen negativen Gefühlen Raum gibst, dann wird in deinem Leben auch wieder Platz sein für die positiven Gefühle.“
Soweit eine Szene aus der englischen Serie Downton Abbey.
Und das, was die Matriarchin in dieser Serie zu ihrer Enkeltochter sagt, möchte ich all denen sagen, die jetzt in Corona Zeiten demonstrieren. Die Einen suchen einen Schuldigen für die Situation. Die seltsamsten Thesen gibt es: Die Chinesen, Trump, Mächte aus dem All, die unseren Planeten übernehmen wollen.
Die anderen verleugnen die Realität des Virus. Auch hier gibt es irrwitzige Thesen, wer angeblich die Corona-Lüge in die Welt bringt, um Vorteile daraus zu ziehen.
Die Antwort in der Serie von Granny ist da eine Hilfe: Es nützt nichts, die Realität zu verleugnen oder die Schuld-Frage zu stellen. Aber es hilft, seine eigenen Gefühle in einer Krise wahrzunehmen. Wer bemerkt, ich bin überfordert, kann um Hilfe bitten. Wer sagen kann, ich bin einsam, kann Kontakte suchen, auf Abstand oder am Telefon. Wer sagen wahrnennt und ausspricht, dass er oder sie Angst vor der Zukunft hat, wird feststellen, mit dieser Angst nicht allein zu sein.
Das Wahrnehmen und das Benennen der eigenen Gefühle wird das Virus nicht aus der Welt schaffen. Aber wer seine Gefühle bemerkt, muss weder die Realität verleugnen noch einen Schuldigen suchen, sondern kann nach Lösungen suchen. Und das wird weiterhelfen.